Ernährung und Lebensmittel

Kondensmilch – Nicht nur zum Weißen von Kaffee

Kondensmilch, auch Dosenmilch oder Büchsenmilch, ist eine durch Wasserentzug haltbar gemachte Milch, die vor allem für das Weißen von Kaffee aber auch zur Herstellung verschiedener Desserts und Süßspeisen sowie anderer Gerichte verwendet wird.

Geschichte der Kondensmilch

Bereits lange vor der industriellen Herstellung von Kondensmilch gab es in verschiedenen Kulturen Vorläufer von eingedickter und damit haltbarer gemachter Milch. Diese wurde langsam eingekocht, so dass sie einen Teil ihres Wasseranteils verlor und dadurch dicker wurde. Bekannt ist dies bspw. in Indien und Pakistan, wo Milch in einer Eisenpfanne so lange eingekocht wird, bis sie fast die Konsistenz von italienischem Ricotta hat. Dieses unter dem Namen Khoa bekannte Produkt hat, je nach Art, einen um bis zu 50% reduzierten Flüssigkeitsgehalt gegenüber Vollmilch und ist bis zu einem Jahr lang haltbar. Khoa wird vorwiegend als Basis von Süßigkeiten von Süßspeisen verwendet, wie bspw. Gulab jamun, bei dem aus Khoa kleine Bälle geformt, diese dann frittiert und anschließend in einen Sirup aus Rosenwasser getaucht werden.

Auch Marco Polo berichtete von seinen Reisen, dass die Tataren Milch eindickten und mit sich führten. Nach seinen Angaben trug jeder tatarische Reiter 4,5 kg kondensierte Milch bei sich, die er bei Bedarf mit Wasser verdünnte. Bei der von Marco Polo beschriebenen eingedickten Milch könnte es sich aber auch um eine Art Frischkäse handeln, der nicht durch Einkochen, sondern durch Fermentation eingedickt wurde.

Borden Condensed Milk 1898
Altes Werbeplakat für Kondensmilch
Die erste industrielle Herstellung von gezuckerter Kondensmilch geschah Anfang des 19. Jahrhunderts durch den Amerikaner Gail Borden, der für seine Methode im Jahr 1856 ein Patent bekam. Borden baute auf den Ideen des französischen Konditors Nicolas Appert (1749 – 1841) auf. Dieser hatte für seine besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Konservierung von Obst im Jahr 1810 einen Preis in Höhe von 12.000 Francs der französischen Regierung erhalten, der unter der Auflage stand, ein Buch zum Thema zu veröffentlichen. In diesem Buch („L’Art de conserver les substances animales et végétales“ – Die Kunst tierische und pflanzliche Substanzen zu konservieren), das im selben Jahr erschien, stellte Appert zum ersten Mal seine Ideen vor, Milch wie Obst in Dosen zu konservieren.  Sein Buch war das erste Kochbuch, das sich mit modernen Konservierungsmethoden von Lebensmitteln beschäftigte. Es sollte aber noch bis zum Jahr 1827 dauern, bis dies Appert auch tatsächlich gelang.

Die von Gail Borden und seiner noch heute existierenden Firma Borden Milk Products LP hergestellte gezuckerte Kondensmilch erlebte während des amerikanischen Bürgerkriegs 1861 – 1865)  ihren ersten Boom, als die Regierung der Nordstaaten große Mengen davon als Notration für seine Soldaten orderte. Gezuckerte Kondensmilch lieferte viel Energie und wertvolle Nährstoffe auf vergleichsweise kleinem Raum: Eine Dose mit 300 ml Inhalt enthielt ca. 1300 Kcal, je rund 28 g Eiweiß und Fett sowie rund 200 g Kohlenhydrate. Veteranen, die nach dem Krieg heimkehrten machten gezuckerte Kondensmilch auf in der Zivilbevölkerung bekannt. Gegen Ende der 1860er Jahre war die Nachfrage bereits riesig.

Auch die beiden Brüder George Ham Page (1836–1899)und Charles Page (1838–1873) kamen im Bürgerkrieg zum ersten Mal mit Kondensmilch in Dosen in Kontakt. Als Charles Page später als Handelsvizekonsul geschäftlich in der Schweiz unterwegs war, brachten ihn die vielen Kühe auf die Idee, Kondensmilch für Europa zu produzieren. Zusammen mit seinem Bruder gründete er 1866 die Firma „Anglo Swiss Condensed Milk“. Die Firma war der erste Anbieter von Kondensmilch in Europa, die unter dem heute noch bekannten Markennamen „Milchmädchen“ verkauft wurde. Die Firma fusionierte 1907 mit dem Konkurrenten Nestlé, der ein Verfahren entwickelte, Milch so weit zu evaporieren, bis nur noch Milchpulver übrig blieb.

Bei der Anglo Swiss Condensed Milk entwickelte der schweizstämmige Amerikaner John B. Meyenberg ein Verfahren zur Herstellung von Kondensmilch ohne Zuckerzusatz. Da er aber keine Unterstützung erhielt, ging er mit diesem Verfahren in die USA und erhielt dort im Jahr 1885 ein Patent darauf. Im selben Jahr gründete Meyenberg die Helvetia Milk Condensing Company (heute Pet Inc., eine Tochterfirma von General Mills). Das erste Produkt trug den Namen Highland Evaporated Cream.  Die ersten Produkte waren noch durch vorzeitige Verderbnis infolge von Bakterienbefall betroffen, dies konnte jedoch durch neu entwickelte Verfahren behoben werden. Meyenbergs Sohn (John P. Meyenberg) entwickelte 1934 ein Verfahren zur Evaporierung von Ziegenmilch für Kuhmilchallergiker. In Deutschland wurde Kondensmilch erstmals 1886 von der Dresdner Pfunds Molkerei angeboten.

Herstellung von Kondensmilch

Zur Herstellung von Kondensmilch wird die Milch zuerst auf 80-100°C erhitzt, um Keime abzutöten. Danach wird die Milch im Vakuum auf 40-80°C erhitzt. Durch den Unterdruck verdampft das Wasser bei Temperaturen unter 100°C. Dabei wird der Milch ca. 60% des Wasser entzogen. Nach diesem Verfahren hat die Kondensmilch einen Fettgehalt von 4–10 % und eine fettfreie Trockenmasse von etwa 23 %.

Anschließend wird Kondensmilch homogenisiert und in Dosen, Flaschen, Getränkekartons oder Plastikportionspackungen abgefüllt und noch einmal sterilisiert. So behandelte Kondensmilch ist sehr lange haltbar. Durch den Erhitzungsvorgang erhält die Milch eine leicht dunklere Farbe als frische Milch und einen schwachen Karamellgeschmack.

Arten von Kondensmilch

Kondensmilch kommt mit unterschiedlichen Fettgehaltsstufen in den Handel. Je nach Fett in der Trockenmasse unterscheidet man zwischen:

  • Kondensmagermilch (Maximal 1 % Fett, Mindestens 20 % Trockenmasse)
  • Kondensmilch, teilentrahmt (4 – 4,5 % Fett)
  • Kondensmilch (Mindestens 7,5 % Fett, Trockenmassenanteil 25 oder 33 %)
  • Kondenssahne bzw. Kondensierte Kaffeesahne (Aus Sahne hergestellt. 15 % Fett, 26,5 % Trockenmasse)

Gezuckerte Kondensmilch

Neben der ungezuckerten Kondensmilch gibt es auch noch gezuckerte Kondensmilch im Handel, bspw. unter dem Markennamen „Milchmädchen“, s.o. Sie wird nach dem eigentlichen Kondensierungsverfahren mit Glucose oder Zucker gesüßt und kommt ebenfalls mit verschiedenen Fettgehaltsstufen in den Handel.

Gezuckerte Kondensmilch hat eine etwas dunklere Farbe und ist deutlich dickflüssiger als Kondensmilch ohne Zuckerzusatz , sie wird daher nicht nur in Dosen sondern auch in Tuben verkauft. Da gezuckerte Kondensmilch dickflüssiger als ungezuckerte Kondensmlich und fast schon einen pastösen bzw. cremigen Charakter hat, wir sie überwiegend nicht zum Weißen von Kaffee, sondern als Brotaufstrich, als Grundlage von verschiedenen Süßspeisen, Süßigkeiten oder Desserts verwendet. Gezuckerte Kondensmilch ist in anderen Ländern mitunter viel weiter verbreitet und erfährt mehr Anwendungsmöglichkeiten als in Deutschland. So ist sie in Brasilien Grundlage für die beliebten Trüffel-Pralinen Brigadeiros und für Gebäck wie Zitronenbaisertorte und Limettentorte, in Spanien wird eine dicke Schicht gezuckerter Kondensmilch unter starkem Kaffee als Café bombón getrunken. In Lateinamerika wird gezuckerte Kondensmilch im Wasserbad über mehrere Stunden eingekocht. Dadurch karamellisiert der Zucker und die Milch bekommt eine braune Farbe und es entsteht eine Art Karamellcreme, die als  Manjar blanco oder Dulce de leche als süßer Brot- oder Gebäckaufstrich sehr beliebt ist.