Tartan – Erkennungszeichen der schottischen Clans
Der Tartan (wahrscheinlich vom frz. „tiretaine“, einem Mischgewebe aus Wolle und Leinen), das „Schottenkaro“ ist ein spezielles Webmuster für Stoffe.
Die charakteristische Anordnung aus Farben und Karos gilt als Erkennungszeichen der schottischen Hochland-Clans. Jeder Clan besitzt heute ein eigenes Tartan-Muster, das u.a. auf dem schottischen Kilt zu sehen ist. Einige Clans besitzen sogar mehrere Tartans, die je nach Anlass getragen werden, wie zum Beispiel sogenannte „Hunting Tartans“, also Tartanmuster, die zur Jagd getragen werden.
Anfänges des Tartans
Erste Nachweise von tartan-ähnlichen Mustern wurden in der chinesischen Wüste Taklamakan, entlang der Seidenstraße, gefunden. Dort entdeckte der schwedische Forscher Sven Hedin 2.500-3.000 Jahre alte Mumien. Diese Mumien, offensichtlich keltische Händler, die die Seidenstraße bereisten, trugen komplexe gewobene Wolltartans. Auch römische Schreiber berichten von keltischen Kriegern, die in gewebten und farbig gemusterten Stoffen gekleidet waren.
Es dauerte jedoch noch weitere 1500 Jahre bis ein erster bedeutender schriftlicher Beweis für den Gebrauch von Tartans gegeben wurde. Der erste wichtige Hinweis ist ein deutscher Holzschnitt aus dem Jahre 1631, der offensichtlich schottische Söldner des Schwedenkönigs Gustav Adolphs zeigt, die den „great Kilt“ mit klar erkennbarem Karomuster (dem Tartan) trugen.
Trotzdem waren die Tartans zu der Zeit noch lange keine Uniform und wurden auch nicht als Zeichen eines bestimmten Clans gesehen. Die Unterschiede in der Gestaltung und Farbgebung hatten rein handwerkliche bzw. geographische Gründe: Jeder Clan bzw. jede Region und Hochlandtal hatte einen Weber, der für alle Menschen die Stoffe webte. Dieser Weber webte die Stoffmuster und Karos nach seinem Geschmack und überlieferten Traditionen und Techniken, die ihm von seinem Vorgänger, meist dem Vater, beigebracht wurden. Außerdem färbte er die Stoffe mit Pflanzen, die er in seiner Umgebung fand. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich die Muster und Farben je nach Handwerker und Region unterschied. Ein Weber an der Ostküste hatte andere Pflanzen zum Einfärben der Stoffe als einer im Westen. Selbst benachbarte Highland-Glens (Täler im schottischen Hochland) hatten mitunter unterschiedliche Vegetationen. Die Tartans unterschieden sich also zunächst nicht von Clan zu Clan sondern nur von Region zu Region. Erst mit der Zeit wurden sie zu Erkennungszeichen für bestimmte Clans. Jedoch hatte längst nicht jeder Clan sein eigenes unverwechselbares Muster.

Bei der Schlacht von Culloden 1745 wurde zum ersten Mal der Versuch gemacht, Tartans als Uniform für schottische Clan-Soldaten zu verwenden. Diese Schlacht war gleichzeitig der Höhepunkt und das Ende des Jakobitenaufstands, bei dem sich die schottischen Hochländer unter der Führung des romantischen „Bonnie Prince Charlie“ („Der hübsche Pirnz Charlie“, Charles Edward Stuart, dem katholischen Anwärter auf den schottischen Königsthron) gegen die englischen Besatzer auflehnten. Die Highlander wurden von einer zahlenmäßig überlegenen und englischen Armee niedergemacht und der Aufstand war beendet.
Charles Edward Stuart gelang, nach einer fünfmonatigen Irrfahrt durch die schottischen Highlands und trotz eines enormen Kopfgeldes von 30.000 Pfund, die Flucht nach Frankreich. Dort lebte er als Salonlöwe und Playboy und starb mit 67 Jahren in Rom an einem Schlaganfall.
Verbot des Tragens von Waffen und Kilt
In der Folge der Niederlage von Culloden wurde 1746 mit dem ‘Act for the more effectual disarming of the Highlands in Scotland and for more effectual securing of peace of the said Highlands; and for restraining the Use of the Highland Dress’ jedem Schotten der Besitz und das Tragen von Waffen verboten. Außerdem wurde das Tragen des Kilts und eines Tartans verboten. Dieses Verbot galt bis 1782 und in dieser Zeit wurde praktisch das traditionelle schottische Clangefüge sowie das Wissen um traditionelle schottische Kleidung und die Herstellung von Tartans in den Highlands ausgelöscht.
Das Verbot galt jedoch nur für Gemeine aus dem Hochland. Adlige, Männer aus den Lowlands sowie Angehörige der schottischen Regimenter durften weiterhin Kilt und Tartan tragen. Insbesondere die Armee hatte großen Bedarf an Tartanstoffen, da sie großen Zulauf an Rekruten aus den Highlands verzeichneten, die den ärmlichen Verhältnissen als Folge der sogenannten „Highland Clearances“, der systematischen Vertreibung der Schotten durch schottische und englische Großgrundbesitzer, entfliehen wollten.
Diese steigende Nachfrage erkannte der Weber William Wilson und errichtete 1765 in Bannockburn bei Stirling seine Weberei „William Wilson and Son of Bannockburn“ und spezialisierte sich auf das Weben von Tartanstoffen. Da das Militär einheitliche Stoffe wünschte, begann Wilson die Muster und Farben zu standardisieren. Diese Muster wurden teils nach Regionen oder Städten benannt, teils einfach durchnummeriert. Die Tartans wurden schließlich im Jahre 1819 im sog. „Key Pattern Book“ zusammengefasst. Diese Muster gelten auch heute noch als Grundlage vieler Tartans.
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Die Highland Society of London
1787 wurde die Highland Society of London (HSL) gegründet, eine Art Club der schottischen Patrioten. Die HSL wollte sämtlichen Clan-Tartans sammeln und dokumentieren, bevor sie „endgültig verloren“ waren. So bat im Jahre 1815 Colonel Alasdair MacDonnell of Glengarry sämtliche Clanchefs ihm ein „ausreichend großes“ Stück Stoff mit dem Clan-Tartan zu senden, und dessen Echtheit mit ihrem Siegel zu bestätigen. Viele dieser „echten Tartans“ waren aber nichts weiter als Muster, die von Wilson entworfen und hergestellt wurden. Von „jahrhundertealter Tradition der Clan-Tartans“ konnte also keine Rede sein.
Die Bitte von MacDonnell of Glengarry brachte viele Clanchiefs in echte Verlegenheit, da sie ihr Tartan schlicht und einfach nicht kannten. So reiste der Chief des Clan Robertson in seinem ganzen Gebiet herum und befragte die Ältesten nach den Farben und dem Muster des Robertsons-Tartans. Da sich aber keiner daran erinnern konnte, erklärte er kurzerhand den Tartan der „Loyal Clan Donnachie (Robertson) Volunteers“, einer Art Leibgarde, die erst 1803 gegründet wurde, zum „traditionellen“ Robertson-Tartan. Ein anderer Clan-Chief, Duncan MacPherson wählte einfach den Tartan mit der Nummer 43 aus dem Wilson-Katalog als echten MacPherson-Tartan aus.
Trotz der Bemühungen der HLS gab es immer noch viele Hochland-Clans, die kein eigenes Tartan-Muster besaßen. Dies änderte sich, als King George IV, als erster englischer König seit 150 Jahren, Schottland besuchte. Der Schriftsteller Sir Walter Scott, der diesen Besuch organisierte, forderte sämtliche Highland Chieftains auf, in voller Highland-Montur, also auch mit Kilt im Tartanmuster, zu erscheinen. Dies brachte viele Chiefs in Verlegenheit, da ihr Clan keinen eigenen Tartan hatte. So erhielt Wilson of Bannockburn Briefe wie diesen: „Bitte senden Sie mir ein Stück des Ross-Tartans. Wenn Sie keinen Ross-Tartan haben, dann schicken Sie mir ein anderes Muster und nennen es Ross…“
Königin Victoria und Prinz Albert
Den größten Boom erhielt der Tartan schließlich durch Königin Victoria und deren Prinzgemahl Albert, die alles Schottische verehrten. Der „noble“ Highlander und alles aus den Highlands wurde von der britischen Gesellschaft romantisiert und Prinz Albert entwarf sogar höchstselbst den heute berühmten „Balmoral-Tartan“. In dieser Zeit der Romantisierung der Highlands tauchten zwei Brüder auf, die sich als uneheliche Nachfahren Bonnie Prince Charlies ausgaben. Sie gaben vor, ein altes Manuskript gefunden zu haben. Auf der angeblichen Grundlage dieses Manuskriptes, das sie allerdings nie vorlegen konnten, veröffentlichten sie eine große Anzahl von Tartans und ordneten sie den Clans zu. Dabei gab es von bekannteren Tartans geringfügige Variationen, von vielen heute verwendeten „traditionellen“ Tartans, ist dieses reichlich dubiose Verzeichnis aber der einzige schriftliche Nachweis.
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Auch Wilsons of Bannockburn erkannten den Markt und entwarfen mehr und mehr Tartan-Muster auf den Markt, denen sie zuerst meist nur Nummern, später aber die Namen der größten Käufer oder auch einfach den Namen der Region mit dem besten Absatz gaben. Große Hochland- und sogar Lowland-Familien (die zuvor gänzlich „tartanlos“ waren) begannen allmählich, sich einen eigenen Tartan zu zulegen, der sie von den anderen Familien unterscheiden sollte.
In der heutigen Zeit hat sich nichts an der Faszination des Tartans geändert. Millionen von Nachfahren schottischer Einwanderer aus den USA, Kanada, Australien und Neuseeland sind auf der Suche nach ihrer Familiengeschichte und entdecken dabei auch das Zeichen „alter keltischer Clan-Tradition“, den Tartan, für sich.
Im November 2008 wurde vom Schottischen Parlament auf Initiative des Parlamentmitglieds Jamie McGrigor MSP The Scottish Register of Tartans (Schottisches Tartanregister) ins Leben gerufen.Dort werden tausende bekannten Tartans aufgelistet. Es gibt auch eine umfangreiche Suchfunktion, mit der Tartans nach Clan-Name, Funktion, Farben und vielem mehr gesucht werden können. Außerdem gibt es ein A-Z-Register, in dem die Tartans nach Namen geordnet aufgelistet werden.